Schloßmühle Liebenthann - Das Projekt
Vorwort - Schloßmühle Liebenthann
Es war im August 2004 als wir, Brigitte und Steffen Haid, die Schloßmühle in Liebenthann entdeckten. Wir waren in`s Allgäu gekommen, um dort Urlaub zu machen, aber auch um gezielt nach einem „Bauernhof” zu suchen.
In den folgenden Tagen und Wochen näherten wir uns Liebenthann. Wir spürten die einzigartigen Möglichkeiten, die dieser Ort für unser künftiges Leben bot.
Dennoch, die Entscheidung war nicht einfach. Wir hatten es mit einer Ruine, nicht einer, sondern drei Ruinen, Mühle, Stadel und Säge, und alle unter Denkmalschutz, zu tun.
Aber alle drei Gebäude hatten, auch im damaligen Zustand, immer noch einen einzigartigen Charme, und der Ort Liebenthann war außergewöhnlich.
Direkt an der Günz, mit freiem Blick ins Tal, bis zur Alpenkette, unterhalb des Hügels auf dem einmal eine mächtige Schloßanlage stand, wie wir aus einem Buch über die Burgen des Allgäus erfuhren, das wir bereits am Tag nach dem ersten Kennenlernen erworben hatten.
Und da waren noch die herrlichen Blumenwiesen, rund um die Mühle, die kühlen Liebenthanner Hangwälder, durchzogen von einer Vielzahl von Bachläufen die Reverdysquelle und gegenüber, auf der anderen Talseite, verborgen im Wald, die „Teufelsküche”, eines der schönsten Geotope in Schwaben.
Der Günz ist es in der Talaue noch gestattet frei zu mäandrieren und zwischen Günz und Waldrand liegt der Günztal-Rad-Wanderweg, der direkt an der Mühle vorbeführt.
Eigentlich überstieg ein solches Anwesen unsere Möglichkeiten, daher war es unabdingbar sauber zu planen und eine Gesamtkonzeption zu erarbeiten, die weit über die reine Instandsetzung dreier denkmalgeschützter Gebäude hinausging. Wiewohl zudem zwei der Gebäude von erheblicher Kubatur sind, die Mühle mit einer Grundfläche von 18 x 13 m, zweigeschossig und der Stadel mit 18 x 11 m, eingeschossig mit mächtigem Dachstuhl.
Wir haben es dann angepackt. Gründlich und sauber geplant, viel recherchiert, unendliche Behördengänge gemacht und die Geschichte der Schloßmühle erforscht. Wir haben viel Neues über das Alte gelernt und uns den nötigen Respekt erworben mit den Bauwerken unserer Vorfahren umzugehen und sie behutsam zu sanieren und einer neuen Nutzung zuzuführen.
Auch wenn es bei einem solchen Projekt besser ist, dass man im Voraus nicht alles weiß was auf einen im Laufe der Sanierung zukommt, haben wir unsere Entscheidung für Liebenthann keinen einzigen Tag bereut. Ja, wir würden es wieder machen, aber es hat Kraft gekostet.
Unser Lohn ist es an einem wirklich einzigartigen Ort leben und arbeiten zu dürfen.
Brigitte und Steffen Haid
Das Denkmal
Denkmalliste: Liebenthann-Mühle
Landkreis Ostallgäu, Regierungsbezirk Schwaben
Haus Nr. 44. Ehemalige Schloßmühle der Burg, Satteldachbau, im Kern 1698, umgebaut 1745-1750, Dachstuhl 1864 erneuert;
Zugehöriger Stadel, 1832 errichtet, 1864 verändert;
Zugehörige Säge, im Kern 1824, Unterbau von 1655.
Beschreibung
Der Mühlenkomplex besteht aus dem Hauptgebäude, der danebenliegenden Säge und einem Wirschaftsgebäude. Das zweigeschossige Hauptgebäude ist unterteilt in Wohnhaus und Mühlenteil, dessen Erdgeschoss deutlich tiefer als der Wohnteil liegt. Letzterer besteht aus 4 Achsen im Giebel und zwei Achsen an der Traufe. Hieran schließt sich der 4-achsige Mühlenteil an (...).
Zahlreiche Details deuten auf einen barocken Kern hin: Die Haustüre und die zweiteilige Türe zum Mühlenteil stammen aus dem Barock. In der Stube im Erdgeschoss finden sich Kastenfenster mit Lüftungsflügel. Letztere stammen aus dem Barock und wurden wiederverwendet. Im Obergeschoss sind noch komplett barocke Fenster erhalten (...).
Das freistehende, mit einem Satteldach gedeckte stattliche Wirtschaftsgebäude ist im Erdgeschoss massiv, das Obergeschoss ist aus Holz. Zum Wohnhaus gewandt besitzt es Zugänge in Korbbogenform, was eine Datierung um 1840 wahrscheinlich macht (...).
Dr. Hildegard Sahler, Konservatorin, Aktennotiz vom 14.06.2002
Bestandsicherung, Vorprojekt
Seit 1994 war die Mühle nicht mehr bewohnt. Auch in den Jahrzehnten davor waren an den Gebäuden keine Unterhaltsmaßnahmen mehr durchgeführt worden. Die Mühle war in 2004 akut einsturzgefährdet. Erste Voruntersuchungen durch einen erfahrenen Statiker zeigten jedoch Wege auf, das Gebäude zu erhalten, wenn auch unter enormen technischem Aufwand, naturgemäß verbunden mit enormen Kosten. Um den Bestand bis zur Sanierung zu sichern wurden daher sofort nach dem Erwerb Sicherungs- und Stützmaßnahmen durchgeführt.
Im Anschluss erfolgte die Dokumentation, Bauforschung und Befunduntersuchung aller Gebäude, ergänzt um die archäologische Untersuchung von Mühle und Stadel.
Dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege konnten folgende Berichte vorgelegt werden:
- Bericht zur Bauforschung, baugeschichtliche Erkenntnisse, Bauaufnahme aller Gebäude als Grundlage für die Sanierung (Architekt Benno Willburger)
- Befund- und Fotodokumentation samt Raumbuch (Restaurator, Kirchenmalermeister i.H. Karlheinz Weinzierl)
- Archäologischer Grabungsbericht (Grabungstechniker Peter Pfister)
Diese Untersuchungen wurden während der gesamten Bauphase bis 2009 ergänzend fortgeführt.
Zusammenfassung der Ergebnisse der Bauforschung
Mühlengebäude, Aktennotiz (Auszüge)
Dr. Hildegard Sahler, Konservatorin, vom 08. 04. 2005
(...)
Ergebnisse
Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich sechs Bauphasen:
- Phase: Neubau der Mühle um 1686
- Phase: Umbau um 1723
- Phase: Grundlegende Renovierung und Umbau in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts
- Phase: Renovierung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
- Phase: Erneuerung des Dachwerks sowie Errichtung von Erweiterungsbauten 1864
- Phase: Umbauten im 20. Jahrhundert.
Anmerkung des Verfassers:
Im Laufe der baubegleitenden weiteren Untersuchungen, insbesondere der dendrochronologischen Datierungen, konnten die Phasen 2 und 3 zusammengefasst und, gestützt auf mehrere eindeutige Datierungen, der Zeit von 1745 - 1750 zugeordnet werden.
(...)
Aufgrund der vorliegenden Untersuchungserkenntnisse ergibt sich ein besonders dichtes Überlieferungsbild, welches in dem heutigen Mühlengebäude noch deutlich nachzuvollziehen ist. Besonders stark treten im heutigen Bau die Änderungen des 18. Jahrhunderts hervor, als der Giebel des Gebäudes um 90° gedreht wurde und dabei das repräsentative Treppenhaus mit der Quererschließung des Obergeschosses angelegt wurde. Diese Änderung des Grundrisses im Obergeschoss – die erste Phase (Bauzeit um 1686) bleibt in Teilen erhalten – ist für die heutige Mühle prägend.
(...)
Die Mühle Liebenthann stellt somit ein einzigartiges Zeugnis einer ehemaligen Schloßmühle dar, an dessen Baugeschichte sowohl der Reichtum der ehemaligen Mühlenbesitzer mit der großzügigen Gestaltung der Räume sowie der repräsentativen Erschließungssituation ablesbar ist. Dieser repräsentative Charakter ist auch durch die Gestaltung des Äußeren in den einzelnen Phasen gut ablesbar.
Lageplan
Soweit die Stellungnahme des Denkmalamts. Ergänzend sei hinzugefügt, dass das Ensemble “Schloßmühle Liebenthann” eingebettet ist in die Geschichte des untergegangen Schloßes Liebenthann.
Erstmals erwähnt im Jahre 1245 als einfache Dienstmannenburg derer von Wolfsattel, gelegen auf der Bergkuppe oberhalb der Mühle, erwarb das Stift von Kempten 1447 die Anlage und baute sie ab 1479 unter Fürstabt von Wernau zu einer der größten Schloßanlagen im Allgäu aus. Liebenthann wurde zum Hauptwaffenplatz der Fürstäbte, ein Vogt, später Pfleger verwaltete die Pflegschaft Liebenthann. Schwer beschädigt im 30-jährigen Krieg erlangte Schloß Liebenthann nie mehr seinen ursprünglichen Glanz und wurde nach der Säkularisation verkauft und systematisch abgebrochen. Nur einige Gräben im Gelände und ein Brunnen künden heute noch von dem ehedem stolzen Schloß. Und natürlich die Schloßmühle. Hier finden sich auch noch die allerletzten Reste des Schloßes.
Frau Dr. Sahler hatte eine Decke im Wirtschaftgebäude als barocke Einschubdecke eingeordnet, was eigentlich nicht sein konnte, nachdem der Stadel erst 1832 erbaut worden war. Die dendrochronologische Datierung der Decke ergab dann aber eine Entstehungszeit von 1745, offensichtlich also eine Zweitverwendung und was liegt näher als davon auszugehen, dass die Decke aus dem Schloß stammt.
Heute gehören Führungen zur Burgstelle Liebenthann zu unserem Angebot. Auch auf unsere Initiative hat der archäologische Arbeitskreis Allgäu in 2011 die Grundmauern des Schloßes aufgemessen und dokumentiert. Auf dieser Basis wurden vier Schautafeln erarbeitet, die erste steht bei der Mühle die drei weiteren auf der Bergkuppe. Die Tafeln zeigen sehr realistisch die einzelnen Phasen von der einfachen Dienstmannenburg um 1245 bis zum Renaissanceschloß und informieren über die Geschichte der Anlage.
Das Projekt - Sanierung der Mühle
Bereits beim ersten Kennenlernen war uns klar, dass Liebenthann nur unter absolut professionellen Bedingungen zu sanieren war. Noch während unseres Urlaubs im Sommer 2004 machten wir uns auf die Suche nach einem Architekten und einem erfahrenen Statiker und stellten erste Kontakte zum Denkmalamt her.
Mit Marion Bartl und Peter Ungethüm, Architekten, Ingnieure fanden wir die richtigen Partner für die Architektur und Bauleitung und kamen auf deren Empfehlung mit einem der versier-testen Statiker im Allgäu, Herrn Hartmann vom Büro Hartmann und Walter, Kempten in Kontakt.
Die alles entscheidende Frage war nämlich, ob das zentrale Gebäude, die Mühle, überhaupt noch zu retten war. Nach gründlicher Prüfung konnte Herr Hartmann diese Frage bejahen. Der Aufwand würde allerdings enorm werden.
Das komplette Anwesen steht „im Wasser“. Ein geologisches Bodengutachten ergab, dass in einer moorig – torfigen Schicht von ca. 0,8 m direkt das Grundwasser ansteht. Wie vor 300 Jahren üblich verfügte die Mühle über keine richtig ausgebildeten Fundamente, sondern war vielmehr direkt auf den Torfboden aufgesetzt, was im Laufe der Zeit zu extremen Absenkungen und Verwerfungen führte. Erschwerend kam noch das um 0,8 m unterschiedliche Fußbodenniveau zwischen Wohn- und Mühlteil hinzu, die Westwand, unmittelbar am Wasserbau war bereits durch Unterspülungen so stark abgerutscht, dass sie komplett erneuert werden musste.
Die Sanierung war nur durch das Einbringen von 78 Bohrpfählen bis auf tragfähigen Untergrund möglich (Bohrpfahllänge bis zu 12 m). Anschließend wurden die Mauern in einzelnen Abschnitten in WU-Beton unterfangen (bei einer Länge der einzelnen Abschnitte von 1,1 m waren über 100 einzelne Unterfangungen nötig). Stark armierte Bodenplatten bilden in Zusammenarbeit mit den Fundamentunterfangungen nun eine sogenannte weisse Wanne, die das gesamte Gebäude trägt und auf den Bohrpfählen ablastet.
Das Gebäude baucht stark aus, die Decken zwischen EG/OG und OG/DG wurden als stabilisierende Scheibe ausgebildet. Zur Unterstützung der Balken wurden Stahlträger eingebaut, die in der Deckenlage liegen und in Verbindung mit Ringankern und Betonplomben die Mühle zusammenhalten. Klaffende Risse im Mauerwerk wurden verfüllt um wieder eine gleichmäßige Lastableitung zu erreichen. Durch Undichtigkeiten im Dach, wohl über einen längeren Zeitraum im 19. Jahrhundert, war Wasser in die Balkenlagen eingedrungen. In erheblichem Umfang mussten daher Balken durch seitliche Anflanschungen ertüchtigt werden. Diese Undichtigkeiten waren auch der Grund, weshalb in 1864 der Dachstuhl komplett erneuert wurde.
Dieser Dachstuhl konnte voll erhalten werden, allerdings waren individuelle Ertüchtigungen praktisch jeden einzelnen Sparrens nötig. Wie bei allen Gebäuden aus dieser Zeit gab es keine Firstpfette, diese wurde nachträglich eingezogen und über das Sprengwerk abgelastet, welches unverändert erhalten werden konnte und sichtbar bleibt.
Mühle - Außenansichten vor und nach der Sanierung
Die Mühle verfügt im Wohnteil über einen vollständigen Bestand an historischen Fenstern, im OG sind es Fenster aus dem 18. Jahrhundert (Barock).
In Zusammenarbeit mit den BLfD – Werkstätten, Thierhaupten, wurde für den Fensterbestand ein Sanierungskonzept erarbeitet. Dabei wurden außen vor den historischen Fensterbestand sogenannte Wintervorfenster vorgesetzt.
Diese liegen in der Ebene der Fensterläden, schlagen also von außen auf die Fensterstöcke auf, die größtenteils in situ saniert werden konnten. Auf die Fensterstöcke wurden Holzrahmen gestetzt, als Anschluss für die Wärmedämmung und den neuen Putz. Gleichzeitig konnten auf diese Rahmen die Fensterläden montiert werden, die sozusagen um eine Ebene nach außen geschoben wurden.
Um die gewaltigen Verformungen der Mühle im Laufe von 300 Jahren, bedingt durch die ungenügende Fundamentierung und den moorigen Untergrund, zu erhalten und damit dem Gebäude seinen Charme nicht zu nehmen wurden diese ebenfalls um eine Ebene nach außen verlegt.
Dazu arbeiteten wir mit einer stark reduzierten Dämmung. Nach Abschlagen des alten Putzes, dort wo dieser hohl lag, und Sicherung von noch fest liegendem alten Putzflächen wurde die Mineralwolledämmung in ganz schmalen Streifen auf die Außenwand aufgebracht, um die Verformungen nachzubilden.
Der Putz auf der Dämmung wurde einheitlich 2 cm stark aufgetragen und an die aufgedoppelten Fensterstöcke angeschlossen. Jeder Anschluss ist dabei individuell anders, mal zurückspringend, mal vorstehend, mal eben mit den Fensterstöcken.
Auch die Eingangstüren sind noch in ihrer originalen, barocken Fassung erhalten und wurden aufwändig saniert. Anschließend erhielt die Mühle die bei der Bauuntersuchung festgestellte barocke Farbfassung mit weiß gekalkten Wänden (Sumpfkalk), blaugrauen Fenstern, schwarzen Fensterläden und einem schwarzen Sockel.
Mühle - Innenansichten vor und nach der Sanierung
Im Innenbereich konnten Putze, Wandmalereien, Dielenböden, Vertäferungen, Einschubdecken, das Sprengwerk im Mühlenteil, Innentüren etc. restauriert und erhalten werden.
Einige Besonderheiten seien erwähnt. Bei der archäologischen Untersuchung der Mühle wurde im Wohnbereich, in der heutigen Stube, ein aus Bachkatzen (großen Kieseln) gemauerter Brunnen, samt Brunnenstube aus Holz, gefunden. Dieser wurde ausgebaut, in die Beton-Bodenplatte wurde eine große Wanne aus Beton eingebaut und anschließend der Brunnen im Original wieder eingesetzt.
Im Obergeschoss trat bei der Befundung eine Biedermeier Wandmalerei, Schablonenmalerei zu Tage. Auch der originale Holzboden war gut erhalten. Der komplette Raum konnte so in seiner Fassung (wohl um 1850) wieder neu erstehen. Mit weiß gekalkter Decke, darunter umlaufender, aufwändiger Bordüre in verschiedenen Blautönen blauer Wand mit senkrechten grauen Streifen und flaschengrünem Boden.
Die Diele im Obergeschoss (barocker T-Flur) ist im Deckenbereich auf einer Seite verputzt, wobei der Verlauf zu den Wänden als Hohlkehlen ausgebildet wurde (barocke Fassung) auf der anderen Seite wurde die Holzbalkendecke mit gehobelten Einschubbrettern freigelegt (Baustil Spätrenaissance), so lässt sich hier gut ablesen, wie sich im Zeitablauf der Geschmack der Bewohner änderte und die Mühle umgestaltet wurde.
Fachwerk in der Diele
In der Diele kam bei den Sanierungsarbeiten eine Fachwerkwand zum Vorschein. Wir wussten aus den Berichten zur Bauuntersuchung, dass in der ersten Bauphase (1698) die Mühle als Fachwerkkonstruktion errichtet wurden. Überrascht waren wir allerdings, als aus einem der Gefache die Ziegelsteine herausfielen. Dahinter befand sich eine weitere Mauer, aus großen Kieseln und Bruchsteinen mit nur wenig Mörtel, eilig hochgezogen.Der Statiker konnte uns den Grund für die zweite Wand erläutern. Diese war eingebaut worden, um die großen Dachlasten des doch stattlichen Gebäudes besser abzufangen. Die hatten ansonsten die Mittelwand in den morastigen Boden gedrückt, durch die zusätzliche Wand wurden die Lasten gleichmäßiger verteilt.
Wir haben dann das Gefach nicht mehr ausgemauert eine Glasplatte vorgesetzt und umlaufend eine Beleuchtung eingebaut. Ein Blickfang in unserer Diele, der die Baugeschichte der Mühle erlebbar macht.
Blaues Damenzimmer
Im Obergeschoß fanden sich bei der Befunduntersuchung unter Tapeten und Anstrichen in verschiedenen Räumen auch Schablonenmalereien.
Vollkommen überrascht hat uns jedoch der Fund im Eckzimmer. Unter mehreren Tapeten kam eine aufwändig gestaltete Schablonenmalerei aus der Zeit des Biedermeier, also um 1840 zum Vorschein. Eine prächtig ausgestaltete Bordüre schließt die in blau gehaltene Wand nach oben hin zur weißen Decke ab. Der Holzboden ist in "flaschengrün" lackiert.
Dieser Raum wurde in seiner Gesamtheit gestaltet, wiewohl der niedrigste Raum in der Mühle wirkt der Raum wesentlich höher durch den optischen Kniff mit der dunkleren Wand, der markanten Bordüre und der sehr hellen weißen Decke. Ein Kirchenmaler hat dann den Raum in seiner originalen Fassung wieder hergestellt. Wir nennen ihn heute das "Blaue Damenzimmer".
Brunnen in der Stube
Unter Leitung von Peter Pfister, Grabungstechniker, wurde die Mühle auch archäologisch
untersucht. Alle Räume im Erdgeschoß wurden exakt erfasst und Grabungsblätter erstellt.
Und dann die Überraschung. In der Stube wurde ein Brunnen gefunden. 1,5m tief und unten eine sogenannte Brunnenstube (Einfassung aus Holz). Wir haben nicht schlecht gestaunt.Neben dem Brunnen fand sich ein außergewöhnlich großes Ofenfundament. Auf dem Grabungsblatt ist beides sehr gut zu erkennen. Welchem Zweck konnte das dienen?
Um den Raum zu beheizen wäre der Ofen überdimensioniert gewesen. Nicht abschließend zu beweisen aber er läßt schlüssigst die Vermutung zu, dass zumindest über einige Jahrzehnte in diesem Raum eine Backstube betrieben worden war. Mehl wurde in der Mühle ohnehin erzeugt und Aufgabe der Mühle war es auch das Schloß Liebenthann zu versorgen.
Wir haben den Brunnen wieder eingebaut, natürlich in eine zuvor erstellte Wanne aus Beton und mit einer Glasplatte abgedeckt. An der Stelle des Ofenfundaments steht heute der Kachelofen in der Stube.
Details - Stück für Stück ein Unikat
Auf den ersten Blick waren es nur verrostete alte Beschläge, marode Türblätter, verwitterte Fenster oder angefaulte Balken. Wir mussten erst lernen damit umzugehen und den wahren Wert oft kleiner Ausstattungsdetail zu erkennen. Alle Türschlösser und Beschläge haben wir in ungezählten Stunden wieder hergerichtet und funktionstüchtig gemacht. Ohne den Schmid aus Engetried, Wulf Eberlein, einen wahren Meister seines Fachs, wäre das unmöglich gewesen.
Jede Tür in Mühle, Stadel und Säge hat andere Beschläge und wir haben gelernt wie nachhaltig und sparsam die Menschen früher wirtschafteten. Immer wurden funktionstüchtige Beschläge wiederverwendet und nur sparsam neue Beschläge dazu genommen. So ist ein bunter Querschnitt z.B. von Türschlössern vom Barock bis in die Zeit um 1920 zusammen gekommen und alle erzählen von der Geschichte der Mühle und den Menschen, die darin gelebt und gearbeitet haben.
Remise
Eingerahmt ist die Mühle als zentrales Gebäude von zwei Stadeln. Rechts der vormalige Kuhstall, ersetzt durch ein Stadelgebäude in optischer Anlehnung an den 1988 eingestürzten Vorgängerbau. Links die Remise, ein Stadel also zur Unterbringung von Rössern, Eseln und den Fuhrwerken. Sorgfältig restauriert und heute genutzt als Ausflugslokal.
Geschichte:
Die Remise als Teil des Mühlenensembles wurde 1833 erbaut, der Dachstuhle 1864 erneuert und dabei wesentlich höher ausgeführt. Genutzt wurde die Remise im westlichen Teil (heute die Küche) als Stall für Rösser und vor allem für Esel, Esel waren die typischen Lasttiere zum Transport der Korn- und Mehlsäcke zum Betrieb der Mühle. Im mittleren und östlichen Teil waren die Fuhrwerke, Kutschen und die Kummets (Zaumzeug) zum Einspannen der Tiere untergebracht. Der Dachstuhl mit seinen großen Öffnungsflügeln zur Straßenseite hin diente der Lagerung von Heu und Stroh. Bis 1916, als die Mahlmühle noch in Betrieb war, wurde im Dachstuhl Getreide gedroschen. Ein Wasserrad an der Südseite sorgte für den Antrieb einer Stiften-Dreschmaschine und einer Windfege zur Trennung der Spreu vom Weizen. Eine Strohschneidemaschine (Gsotschneidmaschine) ergänzte die Ausrüstung.
Sanierung:
Die Remise war, wie die Mühle, in hohem Maße einsturzgefährdet, Wände „bauchten aus“, der Dachstuhl hatte sich weit über 30cm zur Straße hin geneigt, Fundamente waren nur in Teilbereichen ausgebildet und unterspült. Das alles musste grundlegend saniert werden, um das Remise nutzen zu können. Die Fundamente wurden abschnittsweise unterfangen und eine Bodenplatte ausgebildet. Der Dachstuhl mit 3 Winden an Befestigungspunkten gut 50m südlich im Feld, wieder aufgerichtet und dann fixiert und konstruktiv verstärkt. Das Dach mit einer rauen Schalung ausgerüstet und neu gedeckt.
All diese Maßnahmen hatten die Prämisse soweit als möglich die Originalsubstanz zu erhalten, was auch vorbildlich gelang. Nur wo zwingend nötig, wurden im Dachstuhl Balken ausgewechselt, der vorgegebene Grundriss wurde nicht verändert.
Profangebäude wie unsere Remise sind heute äußerst seltene Zeitzeugen. Ein Stadel dieser Größe und mit diesem, auch repräsentativen, Aussehen ist geradezu eine Rarität und baugeschichtlich sehr wertvoll.
Heute:
Das Erdgeschoss der Remise nutzen wir als Ausflugslokal. Dort wo einst Rösser und Esel ihren Stall hatten sind nun Küche und Ausgabetresen für den Biergarten untergebracht. Im östlichen Teil die Toiletten und Lageräume und dazwischen die Gaststube.
Stadel
Vieles hat die Jahrhunderte überdauert, aber nicht alles. Am Tag nachdem wir erstmals an der Mühle waren kauften wir ein Buch über die Burgen des Allgäus und darin war eine Abbildung des Mühlenensembles, die wohl in die 1960er Jahre zu datieren ist. Diese Abbildung zeigt rechts neben dem Mühlengebäude ein stattliches Stadel. Unsere Nachforschungen zur Geschichte der Liebenthanner Mühle ergaben, dass es sich um ein Stallgebäude mit mächtiger Kubatur handelte. Bereits im Urkataster, der in den 1820er Jahren erstellt worden war, war dieses Gebäude aufgenommen. Es ist also älter als die Remise, die zu diesem Zeitpunkt nur aus einem kleineren Vorgängerbau bestand. Der eigentliche Kuhstall war mittig angeordnet, das Obergeschoß wurde von einer Hocheinfahrt von Norden her erschlossen. Im Jahr 1988 ist das Gebäude aufgrund hohen Schneedrucks im Winter dann eingestürzt.
Die "Schloßmühle Liebenthann" war demnach ein sehr umfangreiches Anwesen. In ihrer Blütezeit bestand Sie aus der zentralen Mahlmühle, der dahinterliegenden Säge und war gleichzeitig ein landwirtschaftlicher Betrieb mit einem zugehörigen Grund von rund 30 Hektar an Feldern und Wald.
Interessant ist auch die sorgfältige Gestaltung des Gesamteindrucks. Die Mühle ist das zentrale Gebäude, vollkommen aus Stein errichtet und strahlt geradezu mit ihren weiß gekalkten Wänden. Die Wirtschaftsgebäude sind nur in Teilen aus Stein errichtet und ansonsten verbretterte Holzkonstruktionen. Sie nehmen sich deutlich gegenüber dem Mühlengebäude zurück und rahmen es ein.
In optischer Anlehnung an das abgegangene Gebäude haben wir dann wieder ein Stadel gebaut. Es dient als Garage und zu Lagerzwecken.
Der Platz vor der Mühle, zwischen Remise und neuem Stadel ist wunderbar geeignet für Feste.
Säge
Sehr gut zu erkennen sind die großen Quader und Bruchsteine aus denen das Fundament der Säge zusammengefügt ist. Fundament und Mauer sind noch bauzeitlich aus dem Jahr 1655. Die Turbinenstube links wurde 1969 angebaut und das Fundament im Wasser durch einen Betonstreifen verstärkt.
Wir schreiben das Jahr 1655, sieben Jahre nach dem Westfälischen Frieden, der den 30-jährigen Krieg beendet hatte. Der Krieg war verheerend, das Land war verwüstet. Da verfügt der Fürstabt im Fürststift Kempten, Roman Giel von Gielsberg, zu Liebenthann unterhalb seines Schloßes möge eine Säge errichtet werden. Und zwar so, dass später noch eine Mahlmühle hinzugefügt werden könne. Die Hangwälder im Tal rund um das Schloß gehörten dem Fürststift Kempten, so war dieser Ort gut gewählt. Durch den 30-jährigen Krieg war der Unterhalt der Gebäude vernachlässigt worden, also wurde Bauholz benötigt.Für den Eigenbedarf und um durch den Verkauf von Holz die Kassen zu füllen.
Demnach war die Säge das erste Gebäude des Ensembles Schloßmüle Liebenthann.
Im Obergeschoß, wo gesägt wird, eine reine Holzkonstruktion, wohl immer wieder im Laufe der Jahrhunderte ausgebessert und erneuert, ist die Bausubstanz im Wesentlichen dem 20. Jahrhundert zuzuordnen, baugeschichtlich und aus Sicht des Denkmalschutzes interessanter ist das Untergeschoß, dort ist der Antrieb, die Transmissionen. Den konstruktiven Holzbau konnten wir auf das frühe 19. Jahrhundert datieren. Die Grundmauern und die steinerne Wand zum Wasser hin, zusammengefügt aus großen Blöcken aus Tuffstein und Nagelfluh, sind sogar noch bauzeitlich, also aus dem Jahr 1655.
In all den Jahren wurde die Kubatur der Säge nie verändert, sie ruht noch heute auf den ersten Fundamenten.
Bis 1969 erfolgte der Antrieb des Sägegatters mit einem Wasserrad. Das Gatter war bis dahin ein einfaches "Venezienergatter" mit nur einem Sägeblatt. Dann wurde modernisiert. Eduard Wiedemann, der seinerzeitige Besitzer der Mühle investierte in eine Turbinenanlage anstelle des maroden Wasserrads und erwarb ein gebrauchtes Sägegatter. Das Gatter war ursprünglich von der Maschinenfabrik Klosterreichenbach im Nordschwarzwald um 1930 hergestellt und zunächst nach Österreich geliefert worden.
1974 verstarb Eduard Wiedemann, der Sägebetrieb endete damit aber nicht gänzlich.
Die Nachbesitzer nahmen die Säge gelegentlich in Betrieb, nur aber für den Eigenbedarf, nicht mehr gewerblich.
2004 nach dem Erwerb von Liebenthann fanden wir die Säge in einem ziemlich heruntergekommenen Zustand vor. Aber das hatte auch den Vorteil, dass nichts mehr verändert worden war und nichts fehlte. So konnten wir in ungezählten Stunden Stück um Stück wieder herrichten und in Betrieb nehmen.Am Gebäude haben wir nichts verändert, lediglich einige wenige Balken mussten erneuert und etliche morsche Bretter am Schild erstzt werden, laufender Unterhalt sozusagen.
Noch heute sägen wir mit dem nun bald 90 Jahre alten Gatter, angetrieben durch einen Transmissionsriemen direkt von der Turbinenwelle.
Lassen Sie uns nun einen Blick in die Säge werfen.
Das Sägegatter ist die Hauptmaschine in jeder Säge. Eine wuchtige Konstruktion aus Gußstahl. Sichtbar ist nur der obere Teil, das Gatter ruht im Untergeschoß auf einem massiven Sockel und dort sind auch die massiven Schwungscheiben angeordnet, die den radialen Antrieb durch die Transmisssion von der Turbinenwelle in die lineare Auf- und Abbewegung der Sägeblätter im Spannrahmen umsetzen. Vor dem Gatter steht der Spannwagen mit dem ein Stamm zugeführt wird. Dazu kommen noch Nebenmaschinen. Rechts oben, verdeckt durch das Schild "Vorsicht", die Winde, um die Stämme in die Säge zu ziehen. Ganz links die Besäumsäge auf der von Brettern die Waldkante, die Rinde, abgesägt wird. Zwischen Besäumsäge und Gatter stehen auf Schienen die Transportwägelchen, um fertige Balken und Bretter zum Holzplatz zu fahren.
Das Sägegatter
Grundsolide schwere Mechanik ist eine Voraussetzung für einen möglichst schwingungsfreien Lauf des Gatters. Alle Bedienelemente sind auf der rechten Seite angeordnet. Die Pleuelstangen laufen in massiven gusseisernen Führungen. Mittels Stauferbuchsen werden die Führungen geschmiert. Überhaupt gibt es ungezählte Schmiernippel am Gatter von denen man keinen vergessen sollte.
Das Sägegatter im Betrieb
Knapp 60cm ist der Durchlass im Gatter breit, Stämme bis 55cm können so gesägt werden. Je zwei Rollenpaare schieben bzw. ziehen den Stamm durch das Gatter. Gleichzeitig fixieren sie den Stamm. Über eine raffinierte Mechanik sind diese Rollen angetrieben und der Vorschub, d.h. die Geschwindigkeit mit der gesägt wird lässt sich ebenfalls einstellen (letztes Bild).
Spannwagen und Nebenmaschinen
Mittels Spannwagen vor und nach dem Gatter wird der Stamm gehalten. Die Winde besteht aus einer von einem Transmissionsriemen angetriebnen Trommel. Wird sie in Bewegung gesetzt, wird ein Drahtseil aufgewickelt, das mit dem Stamm verbunden ist. So wird der Stamm in die Säge gezogen. Die Besäumsäge ist ein Kreissägeblatt, auch von einem Transmissionsriemen angetrieben, an dem ein langer "Schlitten" vorbeigeschoben wird. Auf dem "Schlitten" liegt das Brett und zwar so, dass gerade die "Waldkante" (Rinde) abgesägt wird.
Werkzeuge
Nahezu alle alten Werkzeuge sind noch vorhanden. Das erste Bild zeigt Werkzeuge zur Waldarbeit. Dann folgen die Werkzeuge zum Rüsten des Gatters und die Haken zum Anhängen des Stamms an die Winde. Die beiden letzen Bilder zeigen den "Werkstattplatz". Allfällige Reparaturen werden gleich vor Ort gemacht und schließlich gibt es immer etwas zu basteln. Dort ruht das Gatter auf mächtigen Fundamenten.
Der Antrieb im Untergeschoss
Eine kleine steile Treppe führt ins Untergeschoss der Säge. Dort sieht man gleich den mächtigen Unterbau des Gatters mit seinen Schwungrädern auf einem klobigen Fundament. Dahinter die Transmissionen zu den Maschinen, angetrieben von Scheiben auf der Turbinenwelle, die Kraft der Günz ist unmittelbar erlebbar. Und natürlich auch ein Nebenprodukt, jede Menge Sägemehl. Der Tätigkeitsnachweis sozusagen.
Einrüsten des Gatters
Beim Einrüsten der Sägeblätter werden sogenannte Lehren zwischen den Blättern eingesetzt. Damit bestimmt sich der Abstand von Blatt zu Blatt und somit das Endprodukt. Bretter, in definierter Stärke oder Latten, Kanthölzer oder Balken. Die Sägeblätter werden im Gatter mit Keilen und Exzentern eingespannt. Hier ist Sorgfalt geboten, damit einem beim Sägen nichts "um die Ohren fliegt".
Vom Holzplatz zur Säge
Und irgendwie muss der Stamm ja auch in die Säge kommen. Wieder hilft die Günz. Zunächst wird der Stamm zur Brücke geflößt und dann händisch mit dem Sapi, dem wichtigsten Werkzeug des Sägers, aus dem Wasser gezogen. Danach tritt die Winde in Aktion und den Stamm bis zum Gatter. Da bleiben Zuschauer nicht aus.
Ein Stamm wird aufgesägt
Der Stamm liegt vor dem Gatter und wird vom Spannwagen gehalten. Nun wird das Gatter in Bewegung gesetzt und die schweren Walzen führen den Stamm den Sägeblättern zu. Es fliegen die Späne und es riecht nach frischem Holz. Etwa 200mal pro Minute bewegt sich der Rahmen mit den Blättern aus und ab. Sobald der Stamm hinten aus dem Gatter austritt, wird er im zweiten Spannwagen fixiert. Ein dicker Brocken. Und das Ergebnis der Arbeit wird dann auf einen Transportwagen verladen und verlässt die Säge Richtung Holzplatz.
Wasserrad
Das weithin sichtbare und auch hörbare Erkennungszeichen einer Mühle war immer das Wasserad. Dem Protokoll zur Setzung der Eichpfahls der Mühle von1856 ist eine Beschreibung der Anlage beigefügt. Damals, in Ihrer Blütezeit, hatte die Liebenthanner Mühle fünf Wasserräder. Vier Räder trieben vier Mahlstühle in der Mühle an , gegenüberliegend sorgte ein Rad für den Antrieb des Sägegattes. Wohl ein beeindruckender Anblick. Die Mahlmühle war 1916 stillgelegt und die Wasserräder abgebaut worden. Bis 1969 sorgte noch ein Wasserrad für den Antrieb der Säge.
Eine Mühle ohne Wasserrad ist keine richtige Mühle, einfach ein Nachbau kam aber auch nicht in Frage, es sollte schon ein authentisches Wasserrad sein, ein Wasserrad mit Geschichte, so wie es tatsächlich einmal an der Schloßmühle hätte installiert sein können.
Also machten wir uns bereits 2005 auf die Suche nach einem alten Wasserrad.
Der lange Weg zum Wasserrad
Es gibt sie noch, die Wasserräder im Allgäu, oder zumindest die Gerippe, den Stahlbau. Die Schaufeln sind allesamt längst verrottet. Da ist Detektivarbeit und Geduld angesagt. Man folgt den Bachläufen in den Ortschaften, sucht meist bereits trockengelegte Gräben und Kanäle und mit Glück findet man solch ein Wasserradgerippe. Plötlich entdeckt man hinter einem, oft verotteten Gebäude ein solches Relikt ehemaliger Betriebsamkeit. Wie aus der Zeit gefallen. Dabei waren Wasserräder über viele Jahrhunderte, bis zur Erfindung der Dampfmaschine, die einzige Kraftquelle der Menschen, Mühlen prägten die Landschaft.
Es sind sogenannte Zuppinger Wasserräder. Der Schweizer Ingenieur Walter Zuppinger hat um 1840 dieses Wasserrad entwickelt. Eine Stahlkonstruktion mit gekrümmten Schaufeln zur optimalen Ausnutzung der Wasserkraft. Die Schaufeln selbst bestehen aus Lärchenholz, ein harzreiches und im Wasser sehr beständiges Holz.Die Wasserräder, die wir fanden, waren wohl alle so zwischen 100 und 120 Jahre alt, das Holz natürlich längst verrottet. Genau so ein Rad hat bis 1969 die Säge angetrieben.
Ein Wasserrad zu finden ist das eine, es dann aber auch zu erwerben ist das andere.
Es sollte 5 Jahre dauern.
Das Wunschrad 2010
Vollkommen verborgen, hinter einer stillgelegten Säge, in einem trockenen Mühkanal entdeckte ich es bereits 2005. Ein Erwerb damals schon war nicht möglich. Wulf Eberlein, der Schmid aus Engetried, und ich fanden noch weitere Räder in den Folgejahren. Aber es musste ja auch passen. Von den Dimensionen her und es musste auch in einem Zustand sein, das eine Aufarbeitung sinnvoll erschienen ließ. Und dieses Rad hatte die richtigen Dimensionen, der Stahlbau war extrem professionell, das Rad war vollständig und im Bauch der Säge gab es noch jede Menge an Lagern, Riemenscheiben und Kammrädern. Also startete ich Ende 2009 einen weiteren Versuch, um das Wasserrad zu bekommen. Und da hatte ich Glück. Der Ausbau und die Verladung des Rades und aller weiteren Teile hat drei Tage gedauert und den Einsatz eines großen Autokrans erfordert.
Die Aufarbeitung des Rads 2011 und 2012
Das Rad wurde zerlegt. Die Teile einzeln aufgearbeitet, Speichen samt den gekrümmten Auflagen für die Holzschaufeln waren in einem sehr guten Zustand. Sorge bereitete uns die Wasserradwelle und vor allem die Verbindung des Rades mit der Welle. Zwar waren die beiden mächtigen Scheiben, die die Speichen fixieren ebenfalls noch in Ordnung, die Ankopplung an die Welle aber war der neuralgische Punkt. Diese war vollkommen ausgeschlagen und untauglich. Auch bei anderen Rädern hatten wir dieses Problem schon gesehen. Hier war eine komplette Neukonstruktion und eine neue Welle nötig. Wulf hat auch dieses Problem, wie so viele andere, mit Bravour gelöst.
Einbau des Wasserrads 2012
Zunächst musste die Wand der Mühle geschützt werden, wir entschieden uns für eine Blechverwahrung. Danach wurde die Wasserradwelle eingesetzt und auf die Lager montiert. Es hört sich einfach an, ist aber nicht so. Hier ist absolute Präzision gefordert. Die Qaulität dieser Arbeit entscheidet darüber, ob das Wasserrad exakt ausgerichtet ist und später exakt und zuverlässig läuft. Anschließend konnten die einzelnen Segmente des Rades montiert werden, wobei es da nicht unbedingt hätte regnen müssen.
Die Dimensionen: das Rad hat aufgeschaufelt einen Durchmesser von 5,70m bei einer Breite von 1,40m. Theoretisch könnte das Rad 1100l Wasser/Sekunde verarbeiten, so viel Wasser führt die Günz nicht. Voll beaufschlagt erzeugte ein solches Zuppinger Rad eine Leistung von rund 20kWh.
Aufschaufeln im Winter 2012 / 2013
Lärche ist das Holz der Wahl, aber die Lärche darf nicht "drehwüchsig" sein. Handverlesene Stämme hatten wir in der bereits zwei Jahre vorher in der Säge aufgesägt. Nach dem Hobeln konnte das Aufschaufeln beginnen. Jede Schaufel ist leicht konisch, das Holz für jede Schaufel muss individuell angepasst werden. Aussparungen für die umlaufenden Stahlfelge und für die Speichen werden angezeichnet, die Schaufel dann eingelegt, die Bohrungen für die Befestigungsbänder angezeichenet, nochmals ausgebaut zum Bohren und dann die Endmontage. Schaufel für Schaufel. Das Ziel ist es so wenig Wasser als möglich ungenutzt zulassen. Daher muss die Schaufel so knapp als möglich an den Wänden und am Einlauf vorbeigeführt werden. Bei dem Raddurchmesser von 5,70m haben wir Wandabstände < 4mm erreicht. Genauer geht es nicht. Die Stunden sind ungezählt, es war ein langer Winter und es bleibt Dank zu sagen meinem "Mühlenknecht", Dr. Albrecht Egetmeyer, der mir unermüdlich geholfen hat.
Kraftwerk
Im Jahr 1916 hatte die Mühle ihren Mahlbetrieb eingestellt. Die Kraft der Günz sollte aber nicht ungenutzt bleiben. 1920 gründete sich eine Genossenschaft aus den umliegenden Bauernhöfen bis hoch zur Gemeinde Burg, um ein Kraftwerk in der Mühle zu betreiben.
Die moderne Zeit sollte im Tal Einzug halten, Elektromotoren auf den Höfen die Arbeit erleichtern und dazu brauchte es Strom. Als Antrieb diente damals ein Franzis Turbine, die war jedoch irreparabel verrottet als wir die Mühle übernahmen. Alle weiteren Baugruppen wie Generator, Fliehkraftregler oder die Schalttafel waren noch vorhanden, wenn auch in erbarmungswürdigem Zustand.
Statt der Turbine sollte nun das Wasserrad für den Antrieb des historischen Generators sorgen. Und das hatte Konsequenzen. Ein Wasserrad in der Größe wie an der Mühle vorgesehen dreht sich sechs mal in der Minute. Für den Betreib des Generators braucht es aber 1200 Umdrehungen.Also mussten vier Übersetzungen vorgesehen werden, da pro Übersetzungsstufe ein Verhältnis von mehr als 1 : 5 nicht überschritten werden sollte.
Der Raum dafür war knapp bemessen und es erforderte viel Tüftelei und Planungsarbeit um alle Komponenten unterzubrigen. Allein die Fundamente aus Beton sind ein kleines Kunstwerk.
Passende Riemenscheiben und Lager hatten wir zusammen mit dem Wasserrad ausbauen können. Vor allem ein Kammrad für die erste Übersetzungsstufe.
Ein Kammrad ist ein mächtiges gusseisernes Rad, 2,80m im Durchmesser, mit Zähnen aus Hainbuchenholz, die dann in ein stählernes Ritzel greifen. Nur über eine solche Übersetzung in der ersten Stufe ist das Drehmoment des Wasserrads beherrschbar, Transmissionsriemen wie in den weiteren Stufen würden hier einfach durchrutschen und könnten die Kraft nicht übertragen.
So ist es wieder entstanden, das Kraftwerk in Liebenthann.Ursprünglich hatte es die umliegenden Gehöfte von 1920 bis 1964 mit elektrischer Energie versorgt. Es lag in der Hand des "Müllers" wohin der Strom floß. Unsere Nachbarin, Marie Boppeler, heute über 80 Jahre alt, berichtete uns wie sie eines Nachmittags als junge Frau zu Eduard Wiedemann, dem Kraftwerksbetreiber, kam und ihn bat zum Boppeler Hof oberhalb der Mühle Strom zu schicken, sie wolle bügeln. Die Antwort war kurz und lapidar. "Jetzt brauchet d´Baure dr Strom, du kanscht heut Nacht biegla".
Wasserbau
Der Wasserstand der Günz schwankt im Jahresablauf und durch den Einfluß des Wetters. Plötzliche Gewitter im Sommer können zu Hochwasser führen, genauso wie Dauerregen oder die Schneeschmelze im Frühjahr. Turbine und Wasserrad können nur eine bestimmte Wassermenge "verarbeiten", also muss die Wasserzufuhr geregelt werden. Dazu gibt es an jeder Mühle ein Wehr. Am Wehr wird das Wasser in den "Triebwerkskanal" also zu Wasserrad und Turbine geleitet. Ein Pegel erkennt ob der Wasserstand zu hoch wird, die ankommende Wassermenge also größer ist als die Menge die "verarbeitet" werden kann, und öffnet dann das Wehr um das sogenannte "Überwasser" abzuleiten. Dieses fließt dann im "Altwasser", dem ehemaligen Lauf der Günz, um die Mühle herum.
Bei Hochwassergefahr wird im Triebwerkskanal ein sogenannter Schütz geschlossen und das gesamte Wasser um die Gebäude geleitet.Um das ganze Anwesen ist ein Schutzring gelegt, teilweise als Deich ausgebildet, teilweise übernehmen die Gebäude selbst den Hochwasserschutz und sind an den aussenliegenden Wänden in wasserundurchlässigen Beton ausugeführt. Lücken im Schutzring wie die Strasse oder der Durchgang im Biergarten werden dann bei Hochwasser mit Aluminium-Kastenprofilen geschlossen.
Übrigens: Die gefährlichste Hochwassersituation entsteht dann, wenn im Winter der Boden tiefgefroren ist und das Wetter umschlägt und es regnet. Das Regenwasser kann dann nicht versickern (Boden gefroren) und schießt ungebremst in die Günz und Ihre Seitenbäche.Vorzugsweise geschieht so etwas in einer Nacht im Februar, die Temperaturen sind knapp über dem Gefrierpunkt und es peitscht heftiger Schneeregen durchs Tal. Dabei ist es stockdunkel und nach weniger als fünf Minuten ist die ganze Kleidung nass und die Finger sind klamm. Solche Nächte sind kein Vergnügen, wir wissen wovon wir reden.
Liebenthann heute
Heute ist das Anwesen mit seinen historischen Gebäuden, den Ferienwohnungen in der Mühle und dem Ausflugslokal sowohl ein Ort der Begegnung als auch der Ruhe und Besinnung.
Geschichte und Natur sind die beiden Themen, denen wir uns verschrieben haben und die Liebenthann charakterisieren. Liebenthann ist ein offenes Denkmal. Liebenthann ist erlebbare Geschichte.Und es sind nicht nur die Gebäude, es sind auch die Traditionen, die wir pflegen. Sägen mit einem 90 Jahre alten Gatter, wie einst unsere Großväter. Pensionsvieh vom alten Schlag. Original Allgäuer Braunvieh. Führungen zu den Schätzen unserer Natur. Zur Reverdysquelle mit dem endemischen Bayerischen Löffelkraut , in die Teufelsküche oder zu unseren Orchideenwiesen. All das macht Liebenthann aus.
Und auch wir haben zu einem Lebensrhytmus gefunden, wie wir ihn uns wünschten. Unser Ausflugslokal ist natürlich manchmal schon stressig. Wir werden jedoch belohnt durch fünf Monate Winterpause, die uns alleine gehören und zwei Ruhetage in der Woche gönnen wir uns zwischenzeitlich auch.
Zeit. Zeit ist das Wertvollste, was Menschen gegeben ist. Im Laufe der Jahre, mit zunehmendem Alter wird einem das immer bewußter. Wiir haben Geld gegen Zeit getauscht. Natürlich könnten wir mit längeren Öffnungszeiten im Lokal mehr verdienen. Wozu? Es geht auch mit einem Auto, es müssen nicht zwei sein, so wie früher und sehr viel kleiner ist es auch geworden, das Auto. Das aber ist kein Verzicht, sondern ein mehr an Lebensqualität.
Und zur Lebensqualität braucht es für uns auch kein Smartphone. Es geht auch ohne. Vor vielen Jahren gehörten wir zu den Ersten, die ein Handy hatten. Wir sind klüger geworden. Es ist ein Genuß mit unserem Hund, Thysen, spazieren zu gehen und in aller Ruhe ein Gespräch zu führen, ohne das irgendeine "Maschine" klingelt und einen zur Pflicht ruft.
Natürlich bleiben da auch Dinge liegen. Wir wollten gerne ein kleines Museum zu Geschichte von Liebenthann aufbauen. Das wird wohl ein Wunsch bleiben. Vielleicht schreiben wir ein Buch zur Geschichte der Mühle und über deren Sanierung. Vielleicht. Wir sind älter geworden, vielleicht geht uns auch die Zeit aus und es bleibt bei den Wünschen und Visionen. Ideen haben wir noch viele, wichtiger aber ist es die Balance zu finden. Die Balance zwischen Arbeit und Entspannung.
Neben der Selbstbestimmung über unsere Zeit war uns immer auch unsere Unabhängigkeit wichtig.Dieses Ziel haben wir erreicht. Wir können frei entscheiden, was wir tun und wie wir unsere Zukunft gestalten. Wir produzieren unseren eigenen Strom, das Wasser kommt aus der eigenen Quelle. Mehr geht kaum. Liebenthann war ein Abenteuer. Es war nicht immer ganz einfach. Liebenthann ist zu unserer Heimat geworden. Wir wünschen uns noch viele Jahre in Liebenthann. Das aber liegt nicht nur in unserer Hand.
Brigitte und Steffen Haid
Chronologischer Ablauf der Sanierung - Geschichte Schloßmühle Liebenthann - Geschichte Schloß Liebenthann
Chronologischer Ablauf der Sanierung
2004 ab Sommer, Prüfung ob Sanierung möglich, erste Abstimmungen mit dem BLfD, Festlegung Architekten/Statiker-Team, Erwerb des Anwesens im November, statische Sicherungsmaßnahmen an Mühle und Stadel, Beginn Vorprojekt Bauaufnahme, Befunduntersuchung, archäologische Untersuchung.
2005 Intensive Bauplanung, Erstellung einer Gesamtkonzeption, Exposé „Schloßmühle Liebenthann“ zur Kommunikation des Vorhabens, laufende Abstimmungen mit dem Denkmalamt, Vorlage erster Planungen, nach Abstimmung Detailplanung Mühle, Hochwasserschutz, Wasserbau, Dezember Beginn Bohrpfahlgründung.
Zusammenarbeit mit Behörden
Nach ersten positiven Gesprächen mit der Konservatorin vom BLfD und dem Kreisbaumeister waren die Jahre 2005-2007 geprägt von einem anfänglich nervenaufreibenden „Behörden-Marathon”. Es war uns nicht bewusst auf was wir uns da eingelassen hatten. Schließlich hatten wir es mit 12 Behörden und Dienststellen zu tun.
Der oberen und unteren Denkmalbehörde, dem Landratsamt mit seinen Vertretern vom Bauamt (Außenbereich, Baugenehmigungen, Parkplätze), Naturschutz (die Günz ist ein Naturdenkmal), Gesundheitsamt (Quelle, Trinkwasserversorgung, Ausflugslokal), dem Markt Obergünzburg (Baugenehmigungen, Parkplätze), dem Markt Ronsberg (Unterlieger in wasserrechtlichen Fragen), dem Wasserrechtsamt (Quelle, Kläranlage, Wasserbau, Turbinenanlage, Altrecht), dem Wasserwirtschaftsamt (Wasserbau, Altrecht), den Staatsforsten (Quelle), dem Landwirtschaftsamt und der Straßenverwaltung (Parkplatz).
Wir spürten, dass uns anfänglich sehr viel Misstrauen entgegengebracht wurde angesichts der Komplexität des Gesamtprojekts, auch seitens des Denkmalschutzes, da gab es wohl etliche Negativbeispiele bei solchen Projekten.
Mit dem Denkmalschutz sind wir aber nach dem Vorprojekt und der umfassenden Dokumentation des Bestands sehr schnell klargekommen. Durch einen intensiven Kontakt ergab sich eine vorbildliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Im Laufe des Jahres 2005 wurde uns klar, ein solches Projekt muss aktiv kommuniziert werden. Wir erstellten daraufhin ein Exposé unter dem Titel „Schloßmühle Liebenthann” mit dem wir die gesamten Planungen öffentlich, und damit nachvollziehbar machten. Auch für uns selbst war dieses Exposé eine wichtige Richtschnur, zwang es doch zu einer umfassenden gesamthaften Betrachtung. Schließlich haben wir uns in unendlich vielen Terminen und Besprechungen, auch der Landrat war eingebunden, durch alle behördlichen Verfahren gekämpft, wobei mit zunehmendem Sanierungsfortschritt und zunehmender Bekanntheit die Dinge einfacher wurden.
2006 Ab Februar: Beginn Baumeisterarbeiten Mühle und Wasserbau. Laufende weitere Detailplanungen und Abstimmungen mit Behörden, Vergabe weiterer Bauaufträge, ab Sommer Gewerk Zimmerer. Brigitte und Steffen Haid übersiedeln Anfang Juli in`s Allgäu, in eine nahegelegene Ferienwohnung. Planung Sanierung Wasserkraftanlage. Abschließende Planung Hochwasserschutzmaßnahmen. Sanierung der „Liebethann-Quelle” im Wald oberhalb der Mühle zur Trinkwasserversorgung. Planung Werkstattstadel mit Garagen und Lagerflächen. Planung Außenanlagen, hier insbesondere Grundleitungsnetz Wasser, Abwasser, Strom, Heizung. Planung und Bau Kläranlage. Zimmermannsmäßige Sanierung der Säge.
2007 Schritt für Schritt können weitere Gewerke die Arbeit aufnehmen. Errichtung Werkstattstadel mit Garagen. Fertigstellung Wasserbau samt Brücke über Triebwerkskanal. Sanierung Turbinenanlage und Wehr. Fertigstellung Außenanlagen im Bereich rund um die Mühle, Wiederherstellung der Straße.
Fertigstellung Hochwasserschutzring rund um Stadel, Werkstattstadel und Mühle. Beginn Detailplanung zur Sanierung des Stadels. Brigitte und Steffen Haid können am Heiligabend 2007 in die Mühle einziehen.
2008 Innenausbau Dachgeschoss Mühle, die Ferienwohnungen im Dachgeschoss werden fertig. Beginn Sanierung, Stadel, Unterfangungsarbeiten, Einbau einer Bodenplatte. Das Gatter in der Säge wird wieder instandgestzt und in Betrieb genommen. Bauholz für die Sanierung des Stadels wird nun selbst eingeschnitten. Ab Herbst können Folgegewerke die Arbeit am Stadel aufnehmen.
2009 Innenausbau Stadel zur Nutzung als Ausflugslokal. Außenanlagen Stadel, Biergarten an der Günz. Sanierung barocke Einschubdecke im Stadel. Im Oktober erster Probebetrieb im Ausflugslokal, danach Winterpause.
2010 Das Jahr der Nacharbeiten und der Behebung letzter Mängel. Erstellung eines Parkplatzes auf der anderen Talseite für das Ausflugslokal. In der Säge produzieren wir selbst die Bretter für den Dachstock (Schild und raue Schalung) des Stadels.
2011 Sanierung Dachstuhl des Stadels. Dach wird neu eingedeckt. Sanierung Außenschild. Der Biergarten wird fertiggestellt. Vorarbeiten für den Einbau des Wasserrads, Stege und Blechverkleidung der Mühlenwand.
2012 Aufarbeitung und Einbau des alten Schützenzuges im Zulauf der Turbine. Herstellung des „Kropfs“ unter dem Wasserrad, Einbau des Wasserrades (Stahlbau) und des Schützenzugs vor dem Wasserrad. Schön gewachsene Lärchenstämme für die Schaufeln des Wasserrads werden eingesägt. Vorarbeiten für das historische Kraftwerk in der Mühle. Auflagefundamente schalen und betonieren, Kammrad Lager und Treibriemen aufarbeiten.
2013 Herstellen und Montage der Schaufeln aus den Lärchenbretten. Inbetriebnahme des Wasserrads im Leerlauf. Vorarbeiten für das historische Kraftwerk in der Mühle. Auflagefundamente schalen und betonieren, Kammrad Lager und Treibriemen aufarbeiten
2014 Einbau der Komponenten des historischen Kraftwerks . Kammrad, Ritzel, Lager, Wellen, Riemenscheiben, Originalgenerator von 1920, Fliehkraftregler und Schalttafel.
Die Mauer aus Tuffblöcken am Wasserbau der Mühle wird detailgetreu wieder aufgebaut.
2015 Probeläufe und Inbetriebnahme des Kraftwerks. Einbau der Bodenfliesen nach historischem Vorbild.
Ab Herbst 2015, nach Wirbelsturm, Aufarbeitung von umgestürzten Fichten und Ausbau der Wurzelstöcke. Konzept zur Erweiterung des privaten Gartenbereichs mit Obstbäumen und Hochbeeten.
2016 der Gartenbereich wird fertiggestellt, die ersten Hochbeete aufgestellt.
Geschichte Schloßmühle Liebenthann
Eine Mühle und ein Bauhof waren Bestandteil einer Burganlage. Wir dürfen daher sicher davon ausgehen, dass bereits 1245 eine Mühle in Liebenthann stand. Beide, sowohl Bauhof als auch Mühle waren der Burg räumlich zugeordnet, wobei die Mühle unterhalb der Burg am nächstgelegenen, geeigneten Gewässer lag. Wasserkraft war hier im Allgäu die einzige Energieform um das Räderwerk einer Mühle in Gang zu setzen.
1633, im 30jährigen Krieg, plünderten die Schweden die Liebenthanner Mühle auf Ihrem Weg zur Burg und brannten sie nieder. Da die damalige Mühle, mit Ausnahme der Fundamente, wohl ein Holzgebäude war lässt sich ihre genaue Lage nicht mehr nachweisen. Es ist zu vermuten, dass derselbe Standort genutzt wurde an dem heute noch die Mühle steht.
1655 nach dem westfälischen Frieden von 1648 bestand zunächst Bedarf an Bauholz um die nach dem 30jährigen Krieg zerstörten Gebäude wieder instand zu setzen, auch das Schloß Liebenthann. Einem Protokoll der fürstäbtlichen Verwaltung vom 17.03.1655 ist zu entnehmen, dass eine Sägemühle auf dem westlichen Ufer der Günz errichtet worden war. Auf den Fundamenten aus Tuffstein, tief gegründet, steht die Säge heute noch.
1669 pachtet Hans Lieb vom Stift Kempten die Säge, mit der Auflage auch noch eine Mahlmühle auf dem gegenüberliegenden, östlichen Ufer der Günz zu errichten.
1698 wird die Schloßmühle Liebenthann im Stil der Spät-Renaissance als Fachwerkbau erbaut. Die nebenstehende Abbildung zeigt die Mühle im Vordergrund, dahinter schaut die Säge hervor. Im Hintergrund Schloß Liebenthann, dazwischen die Gebäude einer Ziegelei die ebenfalls zum Schloß gehörte. Der Zugang zur Mühle war giebelseitig angeordnet, rechts von der Mühle ist ein Bauerngarten zu erkennen.
Pfleger von Stuben setzt als Müller Georg Rudhart ein. Die nächsten 150 Jahre werden seine Nachkommen Müller in Liebenthann sein.
1728 zeigen Protokolle der fürstäbtlichen Verwaltung einen ruinösen Zustand der Mühle an, mit der Maßgabe diese gründlich instand zu setzen.
1745 – 1750 erfolgt die Instandsetzung mit umfassenden Umbaumaßnahmen. So wird der Eingang von der Giebelseite auf die Traufseite verlegt. Für die eigentliche Mahlmühle und für den Wohnteil je ein separater Eingang. Die Mühle erhält einen großzügigen Grundriss, ein Brunnen wird eingebaut, ein Tonnengewölbe als Speisekammer und im Obergeschoss wird ein barocker T-Flur angelegt.
Sowohl äußerlich als auch im Inneren entsteht ein barockes Gebäude im Stil einer Herrschaftsmühle. Auf diesen Stand haben wir bei der Sanierung die Mühle zurückgeführt.
1802 Säkularisation. Ende der vielen kleinen Fürstentümer. Das Stift Kempten wird aufgelöst und dem Herzogtum Bayern zugeschlagen. Notorisch klamm verkaufen die Bayern die Mühle an den bisherigen Pächter Johann Georg Rudhart. Damit ist die Mühle fortan in Privatbesitz. Mitverkauft werden auch umfangreiche Ländereien im Tal, das Fischrecht in der Günz, oberhalb und unterhalb der Mühle, das Recht eine Quelle zur Trinkwasserversorgung im Liebenthanner Wald zu nutzen und natürlich das Recht das Wasser der Günz zum Antrieb der Mühle zu nutzen, die sogenannte "reale Mahl- und Sägmühlgerechtsame".
1822 In den Jahren um 1822 wird ganz Bayern vermessen und das "Urkataster" erstellt. 1822 erfolgt die Planaufnahme des Mühlenanwesens im Urkataster. Neben Mühle und Säge ist auch ein Stallgebäude nördlich der Mühle und ein Vorgängerbau des Stadels südlich der Mühle verzeichnet.
1830 Die Leistung der Mühle wird erhöht, dazu wird der Triebwerkskanal hinter der Mühle auf gut 300 m verlängert und so im Gelände eingetieft. Der tieferliegende Ablaufkanal erhöht die Fallhöhe des Wassers und ermöglicht den Einbau größerer, leistungsstärkerer Wasserräder.
Noch heute liegt beim Vermessungsamt der diesbezügliche Planantrag.
1832 Der Stadel südlich der Mühle wird abgebrochen und durch einen großzügigen Neubau mit gemauertem Erdgeschoß, Korbbogentoren und Sandsteingewänden an der Eingangstür ersetzt. Heute beherbergt dieser Stadel unser Ausflugslokal.
Um 1850 wird im Obergeschoß der Mühle ein Eckzimmer im Stil des Biedermeier ausgeschmückt. Ein Fries mit umfangreichen Schablonenmalereien ziert das ganz in Blautönen gehaltene Zimmer, wir nennen es heute das "blaue Damenzimmer".
1859 erfolgt die amtliche Eichpfahlsetzung für die Mühle, dabei wird die Stauhöhe festgesetzt, die der Müller künftig einzuhalten hat. Dem Protokoll ist eine Beschreibung von Mühle und Wasserbau beigefügt. Dieser entnehmen wir, dass an der Mühle vier Wasserräder zum Antrieb von 4 Mahlstühlen und der Säge ein Wasserrad zum Antrieb des Sägegatters montiert waren. Die Mühlschwelle (= Fallhöhe des Wassers) wird mit 3,64 m angegeben. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
1864 Müller ist nun Mang Anton Bachmann, der die Theresa Rudhart geheiratet hat. Er führt umfangreiche Renovierungen am Anwesen durch und erneuert den Dachstuhl der Mühle. Auch der Stadel südlich der Mühle erhält einen neuen, über 8 m hohen Dachstuhl mit großen Luken um Heu einzulagern. In den Türsturz des Stadels lässt er einmeißeln: M(ang) 1864 B(achmann).
1916 In die Mühle wird eine Turbinenanlage eingebaut um die Mühle selbst, umliegende Einzelgehöfte und die kleine Gemeinde Burg mit Strom zu versorgen. Dazu werden zwei der vier noch vorhandenen Mahlstühle abgebrochen. Die Liebenthanner Mühle ist im wesentlichen ein landwirtschaftliches Anwesen, der Sägebetrieb das "zweite Standbein" und die Stromproduktion ein willkommener Nebenerwerb.
In den Jahren nach 1920 und vor allem nach 1945, die Mühle nimmt in dieser Zeit Heimatvertriebene auf, erfolgen zahlreiche Unterteilungen von Räumen, allesamt in minderer baulicher Qualität. Der Unterhalt des Anwesens wird zunehmend vernachlässigt.
1974 verunglückt Eduard Wiedemann, der Sohn des Albert Wiedemann tödlich, bei einem Arbeitsunfall. Der Sägebetrieb wird eingestellt. Zuvor hatte er 1969 an der Säge eine neue Turbine einbauen lassen, die heute der Stromerzeugung für das gesamte Anwesen dient. Die Witwe des Eduard Wiedemann, Rosina Wiedemann lebt noch bis 1994 in der Mühle, danach steht die Mühle leer.
1999 nach dem Tod der Rosina Wiedemann gehört die Mühle einer Erbengemeinschaft. Michael Maurus erwirbt nach und nach alle Anteile und aktiviert wieder die Turbine an der Säge um Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen.
2004 erwerben Brigitte und Steffen Haid das Anwesen Schloßmühle Liebenthann um es wieder instand zusetzen und dort zu leben.
Geschichte Schloß Liebenthann
1245 erscheinen die Brüder Konrad und Heinrich Wolfsattel als Herren der Burg Liebenthann.
Um 1370 verkaufen die letzten aus dem Geschlecht der Wolfsattel die Herrschaft Liebenthann an die Herzöge von Teck. In den Folgejahren wechseln häufig die Besitzer, bis
1447 das Stift Kempten die Burg Liebenthann erwarb. Liebenthann wurde von nun an ein wesentlicher Eckpfeiler des Klostergebiets.
1479 begann Fürstabt Johann von Wernau mit dem völligen Neubau der Burg. Aus einer kleinen Anlage entstand die auch gegen Feuerwaffen sichere Burg mit starken Mauern.
1491 flüchtete Fürstabt Johann von Riedheim auf die Burg Liebenthann, inzwischen Hauptwaffenplatz des Stifts Kempten, nachdem die Bauern sich erhoben hatten um gegen Hunger und hohe Steuern zu protestieren. Der Aufstand wurde 1492 niedergeschlagen.
1496 kam Kaiser Maximilian I. zu Besuch nach Liebenthann.
1525 flüchtete Fürstabt Sebastian von Breitenstein auf seine Burg Liebenthann, nachdem die Bauern sich wieder erhoben hatten. Am 2. April zogen die Obergünzburger Bauern vor die Burg und begannen mit der Belagerung. Verstärkt wurde die Belagerung durch ein Bauernheer unter Führung des Knopf von Leubas. Am 10. oder 11. April übergab der Fürstabt kampflos die Burg, die Bauern begannen sofort mit der Plünderung.
Noch am gleichen Tag zündeten Unbekannte die geplünderte Burg an.
1526 – 1530 setzte man die Burg Liebenthann wieder instand.
1564 zog sich Fürstabt Georg von Grafenegg aus Angst vor der Pest auf seine Burg Liebenthann zurück.
1632 holten zunächst die Tiroler während des dreißigjährigen Krieges die Geschütze aus der unbesetzten Burg Liebenthann, da die Schweden anrückten. Am 25. Mai plündert die schwedische Reiterei die Burg. Einen Monat später, am 25. Juni 1632, fielen die Schweden nochmals über die Burg her um sie zu plündern, dabei hatten Sie es auf alles abgesehen was aus Eisen war.
1633 kamen die Schweden nochmals, um die Burg Liebenthann, an der gerade restauriert und repariert wurde, niederzubrennen.
1642 löste Fürstabt Roman Giel von Gielsberg die Vogtei Liebenthann auf und funktionierte sie zu einem Pflegeamt um, das aus den Orten Obergünzburg, Untrasried, Freien, Immenthal, Sellthürn, Upratsberg und Thal bestand.
1688 zog der stiftskemptische Pfleger aus Schloß Liebenthann aus und wohnte fortan im Pflegerschloß in Obergünzburg.
1728 erwog man, das Schloß nochmals instand zu setzen, um es wieder als Sitz des Pflegers zu benützen.
1802 im Rahmen der Säkularisation nahm der Kurfürst Max Josef von Bayern am 30. November die Fürstabtei samt Schloß Liebenthann in Beschlag.
1804 verkaufte der bayerische Staat das Schloßgut für 13281 Gulden.
1807 wurde das Schloß in bereits ruinenhaften Zustand, zum Abbruch freigegeben. Nur der Bauhof und die Schlosskapelle standen noch unversehrt.
1857 wurde auch der Bauhof abgerissen.
1870 als letztes Bauwerk wurde die Schloßkapelle abgebrochen. Danach standen noch einzelnen Mauerreste.
Heute ist das Gelände auf dem Schloß Liebenthann stark bewaldet. Gut zu erkennen ist ein tiefer Halsgraben der die Hauptburg von den Vorburgen trennte. Geländeunebenheiten weisen auf Bauwerke und Rundtürme hin. Interessantester Teil der Hauptburg ist der heute noch 27 Meter tiefe Brunnen, er ist mit gesägten Tuffsteinen ausgekleidet.